Am Ende bleibt nur noch der Marsch nach Berlin - Protest der Bäcker gegen die hohen Energiepreise
Auf Einladung und der Organisation des Bäckermeisters und Konditors Reiner Dietl aus Elisabethszell trafen sich die Vertreter der Bäcker-Innung Straubing-Bogen, der Kreishandwerkerschaft Donau-Wald, des Landes-Innungsverbandes für das bayerische Bäckerhandwerk und der Mittelstandsunion mit dem Bundestagabgeordneten Alois Reiner und dem Landtagsabgeordneten Josef Zellmeier, um die existenziellen Schwierigkeiten aufgrund der Energiekrise und der hohen Kosten für Gas und Strom zu besprechen und Lösungen zu diskutieren.
Energiepolitik hilft dem Handwerk nicht
Hauptthema der Diskussion war die Situation um die Energieversorgung und die extrem gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten für die Betriebe sowie die aktuell fragliche Versorgungs- und Planungssicherheit. Über 40.000 Betreibe mit über 220.000 Beschäftigten sind allein im Kammerbezirk Niederbayern-Oberpfalz betroffen, erklärte Geschäftsführer Stahl. Die derzeitigen politischen Lösungen seien für die Betriebe nicht immer hilfreich wie man am Beispiel der Inflationsausgleichsprämie zu sehen sei, sagte der stellvertretende Kreishandwerksmeister Reith. Die große Industrie könne diese Prämie leichter bezahlen als mittelständische Betreibe, die ohnehin schon mit extremen Kosten zu kämpfen haben. Die Prämie werde wieder zu einer Abwanderung von Mitarbeitern zur Industrie führen. Er frage sich ohnehin, warum die Regierung solche Extrazahlungen immer die Handwerker zahlen lasse und nicht selber dafür aufkomme.
Kundenverlust durch Preissteigerung
Ein anderes Problem sprach die stellvertretende Kreishandwerksmeisterin Zorn mit der den steigenden Preisen an, die die Betriebe nicht beliebig an die Kunden weitergeben könnten. Die Kunden machen die Preissteigerungen nicht ewig mit und wandern ab, notfalls in die Angebote durch Schwarzarbeit. Auch die Mühlen haben die Schwierigkeit, dass sie die hohen Energiekosten nicht an die Handwerksbetriebe weiterreichen können und die Discounter nicht zu ihren Abnehmern gehören.
Nöte vom Bäckerhandwerk bis zur Baubranche
Die Auswirkungen der wirtschaftlichen Belastung seien bereits spürbar, erklärte stellvertretender Landesinnungsmeister Wagner. Früher hatte das Bäckerhandwerk hauptsächlich bürokratie- oder altersbedingt einen Schwund von 300 Betreiben pro Jahr in ganz Deutschland. In diesem Jahr haben allein bis September schon 600 Betriebe geschlossen. Diese Betriebe gingen nicht in Insolvenz und stellen auch nicht vorübergehend die Produktion ein, wie der Wirtschaftsminister Habeck meinte, sondern die sind einfach weg. Konkret frage er sich auch, welche Hilfsprogramme Bayern zur Verfügung stelle.
Auch die Baubranche leidet erheblich unter den Lieferschwierigkeiten und den gestiegenen Kosten, berichtete stellvertretender Bezirksvorsitzender Ehrl. Angebote für Bauleistungen können nicht mehr verbindlich abgegeben werden, da die Kosten bis zum Zeitpunkt der Ausführung nicht mehr absehbar sind. Wichtig sei auch eine Gleichstellung von Berufsausbildung und Hochschulstudium. Auch sollten die jungen Leute erst eine Ausbildung abschließen, bevor sie an der Universität studieren. Dies würde den jungen Leuten helfen, die Berufspraxis kennen zu lernen. Zudem dürfe das neue Bürgergeld nicht dazu führen, dass sich Nichtstun zu Hause gegenüber der Ausübung eines Berufs rentiere.
Landesgeschäftsführer Kopp verwies auf die extremen Kostenbelastungen für die Betriebe, die teilweise existenzvernichtend seien. Er betonte, sollte sich die Regierung nicht auf einen Kostendeckel einigen, würden die Bäcker nach Berlin zur Großdemonstration aufrufen.
Unverzügliche Soforthilfen gefordert
Die Abgeordneten Reiner und Zellmeier diskutierten nach den Eingangsstatements die angesprochenen Probleme. Reiner verwies auf die Einzelheiten, die für den Gaskostendeckel vorgesehen sind. Er warnte vor einer Lohn-Preis-Spirale, falls die anstehenden Tarifverhandlungen mit zu hohen Abschlüssen ausgehen.
Zudem forderte er eine Planungssicherheit für die Betriebe durch stabile Preise für Rohstoffe und Energie. Sollte der Energiepreisdeckel die Kosten nicht deutlich senken, können die Bäcker nur noch nach Berlin gehen und demonstrieren.
Zellmeier erläuterte daraufhin die Hilfsmaßnahmen des Freistaates Bayern und die Bereitstellung günstiger Kredite.
Nach über zwei Stunden sehr angeregter Diskussion waren sich alle Teilnehmer einig, dass die Bundesregierung unverzüglich Soforthilfen für die Handwerksbetriebe zur Verfügung stellen müsse. Ein Abwarten bis März 2023 stelle keine Option dar. Einig war man sich auch, dass man zur Unterstützung der Betriebe auch die Steuern auf Brennstoffe reduzieren müsse. Insgesamt war die Veranstaltung eine starke Demonstration und ein Hilferuf des Handwerks für Hilfsmaßnahmen zur Rettung des Mittelstandes.