Bäckerhandwerk wehrt sich geschlossen gegen die Energiepreise - Obermeistertagung der bayerischen Bäcker in Langenzenn

„Haben wir uns bei der letzten Versammlung auf unserem Verbandstag im April noch mit der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen beschäftigt, zeichnen sich jetzt schon die ersten Vorboten für die Auswirkungen der Inflation und der Preisentwicklung ab.“ Der bay-erische Landes-Innungsmeister sprach in seiner Rede bei der Obermeistertagung am 5.10.2022 im fränkischen Langenzenn die aktuell schwierige Situation direkt an und griff damit Themen auf, die allen Innungen und Innungsbäckern unter den Nägeln brennen. Und das sind viele. In seiner Ansprache ging er neben den Energiekosten und der -versorgung auch auf Rohstoffkosten, Inflation, Lohnentwicklung, Fachkräftemangel, den Auswirkungen der neuen Corona-Welle und die immer wieder wachsenden Hürden der Bürokratie ein.

 

Rohstoffmarkt und Energiekrise

In seiner Rede stellte er die vielfältige Unterstützung der Menschen in der Ukraine und der Flüchtlinge durch das Bäckerhandwerk heraus, dankte den Betrieben für ihren Einsatz und ihre Mithilfe. „Aber mit diesem Angriffskrieg hat sich auch unsere Welt und unser Gewerk verändert. Viele Probleme sind plötzlich aufgekommen“, so Traublinger. Dabei blickte er zunächst auf die Explosion der Rohstoffkosten. Insbesondere wies er auf die für das Bäckerhandwerk wichtigen Mehlpreise hin. Sie seien durch den Ukraine-Krieg, begleitet von hohen Ernteausfällen in China in die Höhe geschossen. Der Rohstoffmarkt sei auf breiter Fläche sehr angespannt.

Im Zentrum der Herausforderungen stünden jedoch Energiekosten und -sicherheit. „Deutschland steuert auf eine der schwersten Energiekrisen zu“, bringt Traublinger seine Sicht auf den Punkt. „Kleine und mittelständische Handwerksbetriebe stehen wegen der Energiekosten buchstäblich mit dem Rücken zur Wand. 70 Prozent der deutschen Bäckereien backen und heizen mit Gas.“

Traublinger begrüßt die Maßnahmen der Bundesregierung, Energiesicherheit herzustellen, wies aber darauf hin, dass es bei den unkalkulierbaren möglichen Entwicklungen zu großen Schwierigkeiten kommen könne. Schon jetzt kämpfe das Bäckerhandwerk massiv mit den preislichen Auswirkungen. In einer Beispielrechnung zeigte er die klar die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe auf und belegte damit, dass ein Betrieb diese Kosten dauerhaft nicht stemmen könne.

Verbände, Innungen und Betriebe kämpfen für das Bäckerhandwerk

„Und deshalb ist das Bäckerhandwerk aufgestanden“, so Heinrich Traublinger. Die verdiente Aufmerksamkeit wurden dem Thema in hohem Maße zuteil, nachdem Bundeswirtschaftsminister Habeck in der TV Sendung Maischberger Aussagen machte, die große Empörung auslösten. Dies lenkte den Fokus der Öffentlichkeit auf die große Problematik. Der Minister habe sich im Anschluss dem Gespräch gestellt und sich am 23.09. bei einem Treffen mit dem Präsidenten des Zentralverbandes des deutschen Bäckerhandwerks Michael Wippler und Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider ausgetauscht. Der Dialog mit dem Bundeswirtschaftsminister habe Erfolg gezeigt. Es seien zahlreiche Aktionen in verschiedenen Regionen Deutschlands gefolgt. In Bayern hätten viele Betriebe Abgeordnete angeschrieben und Gespräche mit ihnen geführt. Bisher böten die Maßnahmen von Seiten der Regierung noch nichts Verwertbares für das Handwerk, berichtete Traublinger und verwies auf das Positionspapier von Bundeskanzler Scholz, setzt aber auf weitere, schnellgreifende Maßnahmen.

Weitere Herausforderungen

Erschwert würde die aktuelle Situation durch andere Probleme. Die Inflation stiege in unkontrollierbarem Maß. Die Lohnkostenentwicklung könne in der derzeitigen Lage wirtschaftlich von kaum einem Betrieb gestemmt werden. Gleichzeitig wirke sich der Fachkräftemangel stark aus. „Gerade in der Ferienzeit mussten viele Kollegen Filialen schließen oder einfach früher zusperren, weil ihnen das Personal fehlte“, berichtet Traublinger. „Teilweise wurden Produkte eingestellt, weil man keine Bäcker und Konditoren hatte, um diese herzustellen.“

Gegen zeitraubende Bürokratie

Am Ende seiner Rede ging Heinrich Traublinger auf das ‚Monster Bürokratie‘ ein. „Verpackungsregister, Herkunftsnachweisregister, Arbeitszeitgesetz, Nachweisgesetz sowie Arbeitsschutzverordnung und die damit zusammenhängende nie enden wollende Bürokratie“, fasst der Landesinnungsmeister zusammen. „Auch hier werden wir nicht müde, gegen die überbordende Bürokratie zu kämpfen. Wir wollen erreichen, dass ein Bürokratieschutz für Klein- und Mittelständische Unternehmen eingeführt wird, damit sie sich endlich wieder dem widmen können, wofür sie Bäcker geworden sind, nämlich dem Backen.“

Wertvoller Input

Der sehr eindrücklichen Rede des bayerischen Landeinnungsmeisters folgten weitere Punkte auf der Tagesordnung. Stephan Kopp, Geschäftsführer des Landes-Innungsverbandes berichtete über den Verband und die Entwicklung der Akademie in Lochham.
Nach einer Mittagspause ging es mit interessanten Vorträgen weiter. Bernd Biedermann, Energieberater und Geschäftsführer der Service- und Vertriebsgesellschaft der Kreishandwerkerschaften referierte zur Lage der Energieversorgung für Bäckereien.
Das Thema Fachkräftemangel griff Christiane Singh-Verma von der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern auf und stellte ein internationales Rekrutierungsvorhaben der Bundesagentur für Bäcker vor.
Fritz Gempel, Unternehmensberater und Wirtschaftsmediator gab mit seinem Vortrag Impulse zur Verschlankung in Produktion und Verkauf, Reaktionsmöglichkeiten auf inflationsbedingte Umsatzrückgänge und zur Vorbereitung des nächsten Aufschwungs.

„Das Bäckerhandwerk hat sich verändert und es wird sich weiter verändern, aber es wird sicher niemals vom Markt verschwinden“, schloss Landesinnungsmeister Heinrich Traublinger die Tagung mit Überzeugung. „Sie dürfen versichert sein, dass wir uns weiterhin voll und ganz zum Wohle unseres schönen Bäckerhandwerks einsetzen werden.“

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